Eisenbahnbrücke der Superlative

Eisenbahnbrücke der Superlative: 12 Millionen Ziegelsteine mit über 70.000 m3 Modulgerüst versehen

Im Jahr 1846 wurde der Grundstein für ein Bauprojekt gelegt, das selbst heute noch mit Superlativen punkten kann: Die Elstertalbrücke im sächsischen Vogtlandkreis überquert auf der Bahnstrecke Leipzig-Hof den Fluss „Weiße Elster“. Sie ist mit ihren 2 Etagen 68 m hoch und besteht aus über 12 Millionen Ziegelsteinen. Somit ist sie die zweitgrößte Ziegelsteinbrücke der Welt. Über 800 Arbeiter waren Mitte des 19. Jahrhunderts am fünfjährigen Bau beteiligt. Die wechselvolle Geschichte der Brücke reicht von Vergrößerung des Gleisachsenabstands 1924 bis zur Sprengung des mittleren Brückenpfeilers durch deutsche Truppen keine vier Wochen vor Ende des 2. Weltkriegs. Doch bereits im Oktober 1950 war die Brücke mit den imposanten Ziegelbögen wiederhergestellt. Nach diversen Instandhaltungsarbeiten und Erweiterungen – die Elektrifizierung erfolgte beispielsweise 2012 – wurde im Januar 2022 mit der Komplettsanierung inklusive Neubau der Fahrbahnwanne begonnen. Die Deutsche Bahn schreibt dazu: „Um die Standsicherheit der Brücke weiterhin zu erhalten, wird das Gleistragwerk der vorhandenen Gewölbebrücke neu gebaut und das Mauerwerk umfassend saniert. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Denkmalschutz des historisch bedeutsamen Bauwerks.“ 

In alten Kupferstichen vom Brückenbau sind noch noch die geradezu kunstvoll arrangierten Holzrüstungen zu sehen. Die sind heute längst von modernen Gerüstsystemen abgelöst – allerdings noch mindestens genau so spektakulär! Die Firma Lindner Gerüstbau GmbH aus Kolkwitz bekam den Auftrag zur Komplettrüstung der Brücke. Und das bedeutete allein aufgrund der Ausmaße und der Tiefe der Brückenbögen Volumenrüstung satt. Ca 56.000m³ Raumgerüst wurden als Standgerüst konzipiert, ca. 17.000m³ Raumgerüst als Hängegerüst gebaut. Allein 2.100 Tonnen des von Lindner für seine flexible Einsatzmöglichkeiten geschätzten RINGSCAFF-Modulgerüst des westfälischen Herstellers Scafom-rux kamen zum Einsatz. Dazu kamen noch ca. 12.500 m² Fassadengerüst und ca 19.000m² kombiniertes Fassaden/ Traggerüst. An systemfreien Zubehör beliefen sich allein die Gitterträger in 450er Bauhöhe auf 8.500 lfdm. und 750er Bauhöhe auf 500 lfdm. Durchschnittlich sind 18 Monteure an dem Mammutprojekt beteiligt; die Rüstungsarbeiten werden in den kommenden Monaten abgeschlossen. Geplant wurde die Rüstung vom Ingenieurbüro Krüger aus Leipzig.

 

 

Bis Anfang September 2022 wurden ca. 100 LKW-Ladungen Material angeliefert, von denen knapp die Hälfte des zu verbauenden Gerüstmaterials mittels 40-t-LKW an den Güterbahnhof Plauen angeliefert und dort auf Plattenwagen der Bahn umgeladen wurden. Dann ging es per Zug direkt bis an die Brücke, wo wieder entladen wurde. Von der Deutschen Bahn AG wurden sehr enge Zeitvorgaben für die zur Entladung notwendigen Sperrungen der unter der Brücke verlaufenden Gleisanlagen gemacht. 

Die restlichen 50 % des zu verbauenden Gerüstmaterials wurden mit 40-Tonnern auf den temporären Lagerplatz am Brückenauflager auf der Röttis-Seite angeliefert und von dort mit einen 7,5 to LKW je nach Bedarf entweder im Tal der Brücke oder am gegenüberliegenden Auflager der Brücke verteilt – eine direkte Andienung des Gerüstmaterials vor Ort mit schwerem LKW war wegen fehlender Zufahrten nicht möglich. Der vertikale Materialtransport erfolgte dann mit zwei Turmdrehkränen, die jeweils links und rechts an den Brückenauflagern aufgestellt worden waren. Für den Materialtransport über die Weiße Elster montierte Lindner eigens eine etwas über 30 m lange Hängebrücke zwischen den Stützen der Brücke. Der vertikale Materialtransport im Gerüst wurde mit 4 Geda-1500-ZZP-Aufzügen sichergestellt. Der gesamte horizontale Materialtransport dagegen erfolgte händisch, zum Teil mit eigens dafür angefertigten Transportkarren.

Neben der erwähnten schlechten Zuwegung für schwere LKW und der fehlenden Infrastruktur lagen die Herausforderungen der Baustelle auch bei den extrem geneigten und unebenen Aufstellflächen mit felsigem und bewachsenem Untergrund. Aufgrund dieser extremen Neigung sowie Querung von Bahngleisen, Flussläufen und Wanderwegen war die standsichere Gründung der Gerüste extrem aufwändig, deswegen wurde auch großteils die Ausführung als Hängegerüst vorgenommen. Aufgrund des Denkmalschutzes war ferner eine Verankerung mit normalen Ösenschrauben nicht möglich, sondern sie erfolgte mittels liegender Gitterträger und extra angefertigter Wandanschlussplatten in eigens hergestellten Kernbohrungen.

Der Abschluss der umfangreichen Sanierungsarbeiten der Elstertalbrücke ist für 2025 geplant. Für die Firma Lindner ein weiteres Prestigeprojekt, mit dem eine ihrer Kernkompetenzen, nämlich „Gerüste für architektonisch anspruchsvolle Bauwerke“ eindrucksvoll unter Beweis gestellt werden konnte. Lindner Gerüstbau ist Teil der Lindner Group, einem europaweit tätigen Unternehmen für Innenausbau, Fassadenbau und Isoliertechnik. Weitere Tätigkeitsfelder sind Fassaden- und Industriegerüstbau, Sonderkonstruktionen und Schwerlastgerüste. Der Schwerpunkt liegt in den Bereichen Chemie und Petrochemie.

 

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