Einrüstung der Staumauer der Kerspetalsperre

Großflächige Sanierung stellt höchste Ansprüche an komplexe Gerüstverankerung

Für den problemlosen Werkzeug- und Materialtransport in die einzelnen Gerüstlagen wurde ein zentral gelegenes, sogenanntes Andiengerüst erstellt (Foto: Scafom-rux)

 

Die Kerspetalsperre in Kierspe, die 1909-1912 erbaut wurde, gehört mit einer Oberfläche von 150ha zu den größeren ihrer Art. Sie hat ein Fassungsvermögen von 15,5 Mio. Kubikmetern und versorgt die Regionen Remscheid, Wuppertal und Wipperfürth mit Trinkwasser. Neben der Trinkwassergewinnung wird an der Kerspetalsperre Energie erzeugt mit Hilfe einer kleinen Wasserkraftanlage. Leider ist die Talsperre für Erholungsuchende nicht frei zugänglich, da die gesamte Wasserfläche komplett umzäunt ist. Damit gilt sie als eine der am besten gehüteten Talsperren Deutschlands.

Seit dem Frühjahr 2021 wird die Staumauer, die zu der Klasse der Gewichtsstaumauern zählt, talseitig umfassend saniert und ist zu diesem Zweck mit einer aufwändigen Gerüstkonstruktion versehen worden. Bereits in den Jahren 1992-1995 war die wasserseitige Dichtwand saniert worden. In dem Zuge wurde auch der Bereich der Hochwasserentlastung einschließlich der darüber befindlichen Brücke abgerissen und durch eine Betonkonstruktion ersetzt. Deren Ansichtsflächen wurden anschließend mit einem Verbundmauerwerk aus Grauwackesteinen verkleidet. Die Talseite der Sperrmauer wurde nur partiell instandgesetzt. Eine Komplettsanierung nach heutigen Erkenntnissen, so wie sie aktuell durchgeführt wird, erfolgte damals nicht. Das soll nun in der Zeit vom März 2021 bis Ende Oktober 2022 nachgeholt werden.

Mit der Sanierung beauftragt wurde die Stump-Franki Spezialtiefbau GmbH, Abteilung Mauerwerkssanierung/Bauwerkssicherung aus Chemnitz. Die wiederum vergab den Auftrag für das Arbeitsgerüst an die BSB Bau- und Spezialgerüstbau GmbH, Niederlassung West, aus Kaarst. Die Firma BSB gehört zur Gruppe der Building Partners Group, einem der größten Gerüstbauer und Baulogistiker in Deutschland mit Sitz in Wandlitz bei Berlin.

Für das Unternehmen BSB, dessen Name Programm ist - „Spezialgerüstbau“ - und das bereits eine lange Referenzliste an bedeutenden Objekten vorweisen kann, ist der Auftrag zur Einrüstung der Kerspesperrmauer mal wieder eine besondere Herausforderung. Denn schließlich gehört eine in zwei Richtungen gewölbte Sperrmauer mit einer Höhe von 34 Metern nicht zum Tagesgeschäft eines Gerüstbaubetriebes, sondern fällt in die Kategorie Spezialgerüstbau. Und den beherrscht BSB, wie sie auch an diesem Objekt wieder unter Beweis gestellt haben.

Eine Fläche von rund 4.800 m² wurde mit Fassadengerüst Rux-Super 65/100 eingerüstet. Dabei kam es darauf an, sich der Form der Sperrmauer anzupassen, das heißt, dass das Fassadengerüst nach oben im Winkel der Mauer verspringen musste. Und das brachte für die Verankerung der Gerüstkonstruktion viel mehr Aufwand mit sich, als es bei einer glatten Fassade der Fall ist. BSB hat dieses technisch anspruchsvolle Problem gelöst, indem 700 mm tiefe Bohrungen vorgenommen wurden, in die Gewindestangen aus dem System HILTI HIT RE 500 eingesetzt wurden. Insgesamt wurden 834 Bohrlöcher hergestellt und ebenso viele Gewindestangen gesetzt. Da die Bohrungen teilweise in kritischem Material (Grauwacke) erfolgten, wurde jede einzelne Gerüstverankerung mit Auszugsgeräten geprüft und für die 1,5-fache Bemessungskraft nachgewiesen, inkl. entsprechender Dokumentation.

Für den problemlosen Werkzeug- und Materialtransport in die einzelnen Gerüstlagen wurde ein zentral gelegenes, sogenanntes Andiengerüst erstellt. Dieses wurde mit einem 500-kg-Bauaufzug ausgestattet und mit einem Treppenturm für den sicheren und bequemen Gerüstaufstieg versehen. Da große Teile dieses Andiengerüstes frei standen, musste BSB auch hier für die Verankerung eine besondere Lösung schaffen, indem das Gerüst im Bereich des Treppenturms alle 4 Meter mit Stahlseilen und Gitterträgern beidseitig abgespannt wurde. Und die gesamte Konstruktion musste noch einer besonderen Naturgewalt standhalten. Denn während des Jahrhunderthochwassers vom Juli 2022 musste aus der Talsperre Wasser abgelassen werden, um ein Überlaufen zu verhindern. Tausende von Litern Wasser ergossen sich über die Gerüstkonstruktion, die aber alles unbeschadet überstanden hat.

Auch die Gründung des Gerüstes war mit speziellen Herausforderungen verbunden, vor allem im Bereich des Tosbeckens. Mit Hilfe einer 15 m langen Überbrückung aus HEB 300 Trägern, die in der Staumauer und auf der Wand des Tosbeckens lagern, wurde eine stabile Gründungskonstruktion geschaffen, um das Gerüst, den Treppenturm und den Personen- und Materialaufzug sicher aufzustellen.

Sicherheit wird bei diesem Objekt, dass durch das Ingenieurbüro Trabert + Partner statisch abgenommen wurde, ohnehin großgeschrieben. Einmal pro Woche erfolgt eine Baustellenbegehung unter Beteiligung der Bezirksregierung Köln (Abteilung Talsperren, Arbeitsschutz) und der Bau-Berufsgenossenschaft Dortmund. Ein solch technische Besonderheit erzeugt eben auch erhöhte Aufmerksamkeit.

Sowohl die vertikale als auch die horizontale Wölbung mussten von der Gerüst­konstruktion aufwändig ausgeglichen werden (Foto: Scafom-rux)

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